Texte

Scharf begrenzte und eng gefügte Farbfelder suggerieren eine kraftvoll verhaltene Bewegung, es ist eine kompakte Malerei, die nicht in erster Linie bestimmt wird von einer nervösen Motorik. Der Eindruck der „Nervosität“, den manche Kunstkritiker vor den Bildern empfunden haben, scheint mir nicht ganz zutreffend. Die scheinbar chaotische Unordnung entpuppt sich nämlich in Ihr Gegenteil. Der Eindruck entsteht nicht bei der Betrachtung eines Details: erst die komplizierte Komposition bringt ihn hervor. Diese Bilder enthalten keine Geheimnisse. Sie sind keine Menetekel für die Existenz oder Nichtexistenz von Bedeutung. Mit Esoterik haben sie nicht im Mindesten zu tun. Es geht um Malerei, um das Malen als eine Möglichkeit, sich auszudrücken, also um etwas durchaus Einfaches. Es hat nun in den neuesten Bildern den Anschein, als sei der Überschwang kraftvoller Bewegung einer formalen Ernüchterung gewichen. Bei den Farben beschränkt sich der Maler auf wenige Grundtöne, die er sparsam variiert. Die starken, lokalfarbigen Kontraste sind neuen Konstellationen gewichen. Auch die Mischung der Farben hat sich verändert: Eine neue Farbe enthält Spuren einer anderen und scheint sich optisch aus ihr zu entwickeln. Die Formen erhalten so eine stärkere optische Zugehörigkeit, und trotz der filigranen Details wirkt die Komposition des Ganzen geschlossen. Die kurzen, gedrängten Linien sind zu größeren verbunden, die etwas Tastendes und Suchendes vermitteln. Die neuen Bilder beziehen ihren wesentlichen Reiz nicht aus der Potenzierung des sinnlichen Eindrucks, sondern aus der Zurücknahme der Farben. Die Subtilität dieser neuen Farbigkeit bedeutet bislang keinen Kraftverlust.Bernhard Becker

Bernd Behrends in seinem Atelier, sitzend in einem Sessel

 

Da haben sich die Leibhaftigen allesamt zusammengerottet, die örtlich demaskiert in Lauerstellungen der Sehnsucht sich um nichts Heiliges mehr scheren. Geschichte gewesen, Geschichten erzählt. Nicht lineamente Malspur, den vorderhand seismografen Sichtbarkeiten gefühlig abgelauscht, sondern tief in’s eigene Farbenfleisch geschnitten, trachten sie Taten zu begehen, ungetüm Gestalt anzunehmen, um sie auch gleich wieder aufzugeben, den lüsternen Verrat des Wirklichen zu entlarven. Die Akte, Malakte hin oder her: noch selbst einem landschaftlichen Anfall erhebt sich vielstimmiges Geschrei; wenn luzide Markierungen die Körperareale ganz bedecken, und mitten im untiefen Scheinen die Konvulsionen der Form, von Farbe und von Licht – wie jetzt denn noch still leben? – ihre Häute zu entblößen drohen, im wohlweislichen Vorantasten da hineingefahren, leichte Lavuren der Zeit atemlos zu verschmerzen, überhäuft von all dem Besagten und den Versprechen, die gegenwärtig schäumenden Lemuren, gestenreich entschworene Geister tummeln sich darin.“aus: Clemens Ottnad, Lauerstellungen an Sehsucht, Zur Malerei von Bernd Behrends, 2014